Selbstverwaltung

Auszug aus "Geschichte Nordfrieslands":
herausgegeben vom Nordfriiskinstituut in Zusammenarbeit mit der Stiftung Nordfriesland 1996 ISBN 3-8042-0759-6 /Autor: Rolf Kuschert
(Frühe Neuzeit / Seite 121)
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Die Kirchspiele:
Wenn wir nach den Besonderheiten der Eiderstedter Selbstverwaltung fragen, dann müssen wir zunächst unseren Blick auf die Gemeinden richten, die hier Kirchspiele (niederdeutsch Carspel) hießen. In der Gottorfer Zeit war ihre Zahl gleichbleibend 18; hinzu kamen (seit 1590) die beiden Städte Tönning und Garding, die zwar ihr eigenes Stadtrecht besaßen, aber doch zur Landschaft gehörten. Die Grenzen der Kirchspiele deckten sich mit denen der Kirchengemeinden.
In jedem dieser Kirchspiele trug eine herausragende Gruppe von Männern, die Interessenten, die politische Verantwortung. Nur sie, die größeren Landbesitzer, besaßen das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu bestimmen, zu wählen und gewählt zu werden. Jedes Kirchspiel entschied für sich, wie groß der Landbesitz sein mußte, der die Interessentschaft begründete. Aus der Mitte des 19. Jahrhunderts kennen wir genaue Zahlen. Damals forderte man in Ording 5 Demat, in St. Peter und Osterhever 10 Demat, in Vollerwiek 12 Demat, in Tating, Westerhever, Poppenbüll, Uelvesbüll und Kating 20 Demat, in Tetenbüll, Katharinenheerd, Garding, Welt, Kotzenbüll und Tönning 30 Demat, in Oldenswort und Koldenbüttel 40 Demat, in Witzwort 60 Demat (ein Eiderstedter Demat = 4925 m2, also etwa ein halber Hektar). Warum diese großen Unterschiede gemacht wurden und wann sie entstanden, dafür gibt es bisher keine schlüssige Erklärung. Mit der Größe des Kirchspiels, der Einwohnerzahl oder der Zahl der Landbesitzer können sie jedenfalls nicht ohne weiteres in Zusammenhang gebracht werden.
Um 1840 zählte man in der ganzen Landschaft zusammen 452 Interessenten. Das waren 3,3 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Wendet man die genannten Zahlen auf das Dematregister von 1617 an, dann erhält man für dieses Jahr bei insgesamt 1895 steuerpflichtigen Grundbesitzern die Zahl von 595 Interessenten.
Alle Landbesitzer oder landlosen Einwohner eines Kirchspiels galten zwar als Mitglieder der "Commüne“, aber sie waren eben nicht im Besitz der "Communalrechte". "Dies ist", so schrieb 1841 der Landgerichtsadvokat Peter Wilhelm Cornils, "eine notwendige Folge der relativen Gleichheit der Commünemitglieder. Wer weniger Land besitzt, hat auch nur in geringem Maße, wer gar kein Land hat, gar nicht zu den Reallasten beizutragen. Größerer Besitz bedeutete also mehr Rechte, aber auch mehr Pflichten oder umgekehrt das war der uralte, streng beachtete Grundsatz der Eiderstedter Selbstverwaltung.


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